Das Manifest von Ventotene

ITALIAN (original text 22 August 1944) | FRENCH | SPANISH | ENGLISH | GREEK | ARABIC | ROMANIAN


This German translation of the Ventotene Manifesto is by Marco De Stefanis for CIFE Italia. The first German translation of the Manifesto was by Ursula Hirschmann but is lost.


I – DIE GESELLSCHAFTSKRISE DER GEGENWART

Die moderne Kultur beruht auf dem Prinzip der Freiheit, wonach der Mensch nicht zum Werkzeug seiner Artgenossen herabgewürdigt werden darf, sondern als selbständiges Lebenszentrum aufgefaßt wird; aufgrund dieses Prinzips wurde gegen jeden ein großartiger historischer Prozeß geführt, der dagegen verstieß.

1) Es wurde das gleiche Recht aller Nationen anerkannt, unabhängige Staaten zu bilden. Jedes Volk, durch ethnische, geografische, sprachliche und historische Merkmale charakterisiert, sollte in diesem, entsprechend seiner politischen Auffassung selbst geschaffenem staatlichen Wesen, das geeignete Werkzeug finden, um seine Bedürfnisse aufs beste und unabhängig von fremdem Einreden zu befriedigen. Die Ideologie der nationalen Unabhängigkeit brachte zu einer äußerst wirksamen Beschleunigung des Fortschritts; sie half die engstirnige "Kirchturmpolitik" im Kampfe gegen fremde Unterdrücker zu überwinden, zugunsten einer weitumfassenderen Solidarität. Sie entfernte zahlreiche Hindernisse auf dem Weg zur vollen Bewegungsfreiheit der Menschen und Waren; sie erteilte unterentwickelten Gegenden, innerhalb des neugeschaffenen Raumes, die Institutionen fortgeschrittener Gesellschaftsordnungen. Sie trug jedoch in sich die Keime des kapitalistischen Imperialismus, den unsere Generation stark anwachsen sah, bis hin zur Bildung totalitärer Staaten und zum Ausbruch der Weltkriege.

Nun gilt die Nation nicht mehr als das Produkt des Zusammenlebens von Menschen, die infolge eines langen Prozesses zu einer stärkeren Einheitlichkeit der Sitten und Bestrebungen gelangt sind und in ihrem Staat die wirksame Form sehen, um das Gemeinschaftsleben im Rahmen der gesamten menschlichen Gesellschaft zu gestalten. Die Nation ist im Gegenteil zu einem göttlichen Wesen geworden, das ausschließlich seine eigene Existens und Entwicklung im Auge behalten soll, ohne Rücksicht darauf zu nehmen, daß es dadurch anderen Schaden zufügt. Die uneingeschränkte Souveränität der Nationalstaaten hat sie zu Herrschaftsansprüchen geführt, da jeder sich von der Macht des anderen bedroht fühlt und immer größere Gebiete als den ihm zustehenden Lebensraum betrachtet, innerhalb dessen er sich unbeschränkt bewegen und sich das Lebensnotwendige unabhängig von anderen sichern kann. Diese Herrschaftsansprüche können nur auf eine einzige Art und Weise zum stillschweigen gebracht werden: in der Hegemonie des stärksten über alle anderen.

Die Folge davon ist, daß der Staat sich vom Hüter der Freiheit seiner Bürger zum Herren über geknechtete Untertanen, die in seinem Dienste, der Kriegseffizienz wegen, voll zur Verfügung stehen müssen, entwickelt hat. Selbst in Friedenszeiten, die als Ruhepause und Vorbereitung auf kommende unvermeidliche Kriege gelten, überwiegt heutzutage der Einfluß militärischer Kreise und erschwert so zunehmend die Funktionsfähigkeit freiheitlicher politischer Ordnungen: Schule, Wissenschaft, Produktion, Verwaltungsapparat dienen hauptsächlich der Steigerung des kriegerischen Potentials. Mütter sind nur noch Gebärmaschinen zukünftiger Soldaten und werden nach den gleichen Kriterien belohnt, wie auf Messen zeugungsfähiges Zuchtvieh. Kinder werden bereits in zartem Alter zum Waffendienst und zum Haß gegen den Fremden erzogen. Die individuellen Freiheiten werden nichtig gemacht, da jeder militarisiert ist und jederzeit zum Waffendienst gerufen werden kann. Immer neue Kriege zwingen die Menschen die Familie, den Arbeitsplatz, Hab und Gut zu verlassen und ihr Leben zu opfern für Ziele, dessen Wert im Grunde genommen niemandem einleuchtet. In wenigen Tagen zerstört man die Anstrengungen von Jahrzehnten, die zur Erhöhung des allgemeinen Wohlstands beigetragen hatten.

Die totalitären Staaten sind am konsequentesten vorgegangen, als es galt, alle Kräfte zu vereinen, und erreichten dadurch ein Höchstmaß an Zentralisierung und Autarkie. Sie sind demnach den heutigen internationalen Verhältnissen am besten gewachsen. Es genügt, daß ein Staat einen Schritt in Richtung eines ausgeprägten Totalitarismus tut, damit alle anderen, aus Überlebenswillen, den selben Weg gehen.

2) Allen Bürgern wurde das gleiche Recht zugesprochen, an der Bildung des Staatswillens mitzuwirken. Dieser sollte das Ergebnis von zwanglos formulierten, unterschiedlichen wirtschaftlichen und ideologischen Bedürfnissen aller Gesellschaftsschichten darstellen: Eine politische Ordnung dieser Art ermöglichte die gemeinsten Ungerechtigkeiten früherer Regierungsformen zu verbessern oder zumindest sie abzuschwächen. Die Presse- und Vereinsfreiheit und die allmähliche Erweiterung des allgemeinen Stimmrechts, erschwerten zunehmend die Aufrechterhaltung alter Privilegien und stärkten sodann auch das Repräsentativsystem.

Nach und nach lernten die Besitzlosen, sich dieser Instrumente zu bedienen und mit ihrer Hilfe die erworbenen Rechte der besitzenden Klasse anzufechten. Die Vermögens- und Erbschaftssteuern; die progressiv ansteigenden Abgabepflichten für Besitzer großer Vermögen; die Steuerfreiheit für das Existenzminimum und die lebensnotwendigen Güter; die unentgeltliche öffentliche Schule; die erhöten Ausgaben für sozialen Beistand; die Agrarreformen; die Kontrolle in den Fabriken: All das, bedrohte die privilegierten Klassen, die sich in befestigten Zitadellen zurückgezogen hatten.

Selbst jene privilegierten Klassen, die der Gleichheit politischer Rechte zugestimmt hatten, weigerten sich den Enterbten das Recht zuzugestehen, sich dieser zu bedienen und somit jene tatsächliche Gleichheit zu verwirklichen, die den zugesagten Rechten einen konkreten Inhalt echter Freiheit verschafft hätte. Die Gefahr, daß dies zustande käme, wurde nach dem Ersten Weltkrieg aktuell. Kein Wunder, daß diese Gesellschaftsschichten das Aufkommen der Diktaturen aufs wärmste begrüßten und deren Verwirklichung Vorschub leisteten! Somit entzogen sie ihren Gegnern die rechtlichen Waffen.

Andererseits, drohte die Bildung von riesenhaften Industriekomplexen und Bankkonzernen, sowie Gewerkschaften, die ganze Heere von Arbeitern unter einer einzigen Leitung zusammenfaßten – wobei sowohl die Gewerkschaften als auch die Konzerne Druck auf die Regierung ausübten, um ihre Sonderinteressen durchzusetzen – den Staat in zahlreiche wirtschaftliche Interessenverbände, in heftigem Kampf gegeneinander, aufzulösen. Die liberal-demokratische Rechtsordnung verfiel diesen Gruppen, die sie dazu mißbrauchten, die Gemeinschaft besser auszunutzen, und verloren daher zunehmend an Würde. So bahnte sich nach und nach die Überzeugung an, daß einzig und allein ein totalitäres Staatssystem, durch die Abschaffung freiheitlicher Institutionen, die Interessenkonflikte, denen die bestehenden politischen Institutionen nicht mehr auszuweichen vermochten, zu lösen.

Die Wirklichkeit sah dann freilich anders aus. Im allgemeinen, festigten die totalitären Regime die jeweils errungene Stellung der verschiedenen Gesellschaftsklassen; Polizeikontrollen der Bürger und gewaltsame Säuberung der Gesellschaft von allen Andersdenkenden, schlossen jegliche Möglichkeit aus, auf legalem Wege zur weiteren Verbesserung dieses Tatbestandes zu gelingen. Damit sicherte man die parasitäre Existenz müßiger Grundbesitzer, deren einziger Beitrag zum Volkseinkommen darin besteht, die Dividendenscheine ihrer Wertpapiere einzulösen; der Monopole und Kartelle, die den Verbraucher ausnutzen und das Geld des Kleinsparers verwehen lassen; der Plutokraten, die hinter den Kulissen die Fäden der Politiker ziehen, in der Absicht die Staatsmaschine ausschließlich im Dienste ihres eigenen Vorteils zu stellen, unter dem Vorwand der Verfolgung höherer nationaler Interessen. Unverändert bleiben die riesigen Vermögen weniger und das Elend der großen Massen, die von der Möglichkeit die Früchte der modernen Kultur zu genießen ausgeschlossen werden. In seinen wesentlichen Zügen wird ein Wirtschaftssystem aufrecht gehalten, in dem die wirtschaftlichen Hilfsquellen und die Arbeitskräfte – welche zur Befriedigung grundlegender Bedürfnisse und daher zur Entwicklung menschlicher Lebensenergie eingesetzt werden sollten, werden wiederum zur Befriedigung unbedeutender Wünsche jener dienen, die es sich leisten können, jeden Preis dafür zu zahlen. Ein Wirtschaftssystem, in dem das Erbschaftsrecht dafür sorgt, daß das Geld innerhalb der gleichen Gesellschaftsklassen bleibt und sich in ein Privileg verwandelt, das in keinem Verhältnis zu den Diensten, die diese dem Gemeinwohl zugute kommen läßt, steht. Das Möglichkeitsspektrum bleibt daher für das Proletariat streng begrenzt, denn, um zu überleben, sind die Arbeiter oft gezwungen sich ausnutzen zu lassen von jedem, der ihnen irgend eine Arbeitsmöglichkeit bietet.

Um die Unbeweglichkeit und die Unterwerfung der Arbeiterklassen aufrecht zu erhalten, wurden die Gewerkschaften von freien Kampforganisationen, deren Führer das Vertrauen ihrer Anhänger genossen, zu polizeilichen Aufsichtsorganen und unter die Leitung von Beamten gestellt, ihrerseits von den herrschenden Machtgruppen ausgesucht und nur diesen Rechenschaft leistend. Wird in einem solchen Wirtschaftssystem einmal eine Veränderung vorgenommen, dann geschieht dies stets aus Gründen des Militarismus, die gemeinsam mit den reaktionären Zielen der privilegierten Klassen, zur Entstehung und zur Festigung der totalitären Staaten beigetragen haben.

3) Gegen den autoritären Dogmatismus hat sich der Wert des kritischen Verstandes als fortwährend erkannt. Jede Behauptung mußte vernunftgemäß erscheinen oder aber verschwinden. Der Methodik dieser unbefangenen Geisteshaltung verdankt unsere Gesellschaft die wichtigsten Errungenschaften auf jedem Gebiet. Die geistige Freiheit hat jedoch der Krise, die das Entstehen der totalitären Staaten einleitete, nicht standgehalten. Neue Dogmen, die blindgläubig oder heuchlerisch angenommen werden, beanspruchen Herrschaftsrechte in allen Zweigen der Wissenschaft.

Obwohl niemand eine genaue Vorstellung hat, von was eine Rasse sei, und die einfachsten Geschichtskenntnisse beweisen, wie absurd die Einteilung der Menschheit auf diese Weise sei, verlangt man dennoch von den Physiologen daran zu glauben, es zu beweisen und die Zugehörigkeit zu einem Herrenvolk überzeugend darzustellen; und dies nur, weil der Imperialismus es nötig hat, Haß und Stolz der Massen mit Hilfe solcher Mythen aufzupeitschen. Die einleuchtendsten Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaft müssen mit dem Bann belegt werden, um die Politik der Autarkie, den ausgewogenen Handelsaustausch und anderes, was zum Alteisen des Merkantilismus gehört, als unerhörte Erfindungen der Neuzeit hinzustellen. Alle Erdteile stehen in gegenseitiger wirtschaftlicher Abhängigkeit zueinander; der Lebensraum, der ein der heutigen Kultur entsprechendes Lebensniveau aufrecht erhalten will, ist demnach, für jedes Volk, der gesamte Erdball. Dennoch hat man eine Scheinwissenschaft, die Geopolitik, zum Beweis der Theorie des Lebensraums herbeigeführt, um dem Machtbestreben des Imperialismus ein theoretisch-begründetes Bild zu verschaffen.

Im Interesse der herrschenden Klasse werden wesentliche geschichtliche Daten verfälscht. Bibliotheken und Buchhandlungen werden von nicht-orthodoxen Geisteswerken gereinigt. Der Obskurantismus droht aufs neue, den menschlichen Geist zu ersticken. Sogar die soziale Ethik der Freiheit und Gleichheit wird untergraben. Menschen gelten nicht mehr als freie Bürger, die sich des Staates bedienen, um ihre Kollektivziele besser zu erreichen. Sie sind Knechte des Staates; dieser schreibt ihnen vor, welches ihre Ziele sein müssen, und der Wille der Machtinhaber wird ohne weiteres als Staatswille hingestellt. Menschen sind keine Rechtssubjekte mehr, sondern werden in eine Hierarchie eingereiht und zum widerspruchslosen Gehorsam gegenüber übergeordneten Autoritäten gezwungen, die in einem dementsprechenden vergöttlichten Führer gipfeln. Die Vorherschaft der Kasten ersteht mit Anmaßung aus ihrer eigenen Asche auf.

Diese reaktionäre Zivilisation des Totalitarismus hat, nachdem sie sich in einer Reihe von Staaten erfolgreich durchsetzte, im nationalsozialistischen Deutschland jene Kräfte gefunden, die glaubten, sie bis zur letzten Konsequenz durchführen zu können. Nach ausführlicher Vorbereitung, kühn und ohne Skrupel die Auseinandersetzungen, die Egoismen und Dummheiten anderer ausnutzend, europäische Vassallenstaaten, darunter Italien, mit sich reißend, mit Japan, was in Asien die selben Ziele verfolgt, verbündend, hat es sich an das Werk der Überwältigung gemacht. Sein Sieg würde die eindeutige Behauptung des Totalitarismus auf der ganzen Welt bedeuten. All ihre Wesensmerkmale würden aufs äußerste zugespitzt werden, und die fortschrittlichen Kräfte sähen sich auf lange Zeit hinaus in die Rolle der rein negativen Opposition gedrängt.

Die traditionelle Arroganz und Unduldsamkeit der deutschen Militärkaste läßt uns bereits vorschmecken, wie ihre Herrschaft, nach einem von ihnen gewonnenen Krieg, aussehen würde. Die deutschen Sieger könnten es sich sogar leisten, den anderen europäischen Völkern gegenüber einen Anschein an Großzügigkeit an den Tag zu legen, indem sie ihre Gebiete und politischen Institutionen formell beachten würden, um somit jenes törichte patriotische Gefühl zu beherrschen, was auf die Farbe der Grenzpfähle besonderen Wert legt und die Staatsangehörigkeit der im Rampenlicht stehenden Politiker, anstatt das Kräfteverhältnis und den tatsächlichen Inhalt der staatlichen Organismen, beachtet. Wie auch immer die Wirklichkeit verschleiert sein möge, sie bleibt stets die selbe, und es wiederholt sich die Teilung der Menschheit in Spartiaten und Heloten.

Auch die Kompromißlösung zwischen den kämpfenden Parteien würde einen weiteren Schritt in Richtung des Totalitarismus darstellen, wären doch alle Länder, die sich dem Zugriff Deutschlands entzogen hätten, zur Anwendung der gleichen politischen Organisationsformen gezwungen, um sich angemessen auf die Wiederaufnahme der Feindlichkeiten vorzubereiten.

Ist es jedoch einerseits Hitlers Deutschland gelungen, nach und nach alle schwächeren Staaten zu unterwerfen, hat es andererseits immer stärkere Kräfte in den Konflikt miteinbezogen. Die mutige Kampfbereitschaft Großbritanniens auch im kritischen Augenblick, als es dem Feind allein gegenüber stand, verleitete die Deutschen dazu, sich mit dem zähem Widerstand der sowjetischen Armee zu messen und gab Amerika Zeit, seine unermeßlichen produktiven Mittel zu mobilisieren. Dieser Kampf gegen den deutschen Imperialismus ist eng verwandt mit dem, den das chinesische Volk gegen den japanischen Imperialismus führt.

Ungeheure Mengen von Menschen und Reichtümern haben sich bereits zum Kampf gegen die totalitären Mächte zusammengefügt. Die Kraft dieser Mächte hat den Höhepunkt erreicht und kann fortan nur mehr und mehr zerfallen. Die entgegenströmenden Mächte haben bereits ihr Tief überwunden und befinden sich erneut im Aufstieg.

Der Krieg der Alliierten stärkt die Freiheitsbestrebungen von Tag zu Tag auch in den Ländern, die der brutalen Gewalt unterworfen und vom darauffolgenden Schlag betäubt worden sind. Dieser Wille zur Befreiung erwacht sogar in den Ländern, die der Achse angehören und denen klar wird, in welch verzweifelte Situation man sie gezerrt hat, bloß um die Machtbestrebungen ihrer Herren zu befriedigen.

Der langsame Prozeß, durch den enorme Menschenmassen veranlaßt wurden, sich vom neuen Regime passiv modellieren zu lassen, es zu dulden und damit zu seiner Stärkung beizutragen, ist zum Stehen gekommen. Diese gewaltige Flutwelle, die unaufhaltsam ansteigt, reißt alle fortschrittlichen Kräfte mit sich; die Weitsichtigsten in der Arbeiterklasse, die weder der Terror noch die Schmeicheleien von ihrem Streben nach einer höheren Lebensform abzuhalten vermocht haben; die Verantwortungsbewußten unter den Intellektuellen, die die Abwürdigung der Intelligenz als Kränkung empfunden haben; die Unternehmer, die sich gewachsen fühlen, neue Initiativen voranzubringen und daher sich von den Schlingen der Bürokratie und der nationalen Autarkien, die sie in ihrer Bewegungsfreiheit hindern, befreien wollen; schließlich all die, deren angeborener Sinn für Würde es nicht zuläßt, das Haupt unter dem Joch der Knechtschaft zu beugen.

All diesen Kräften ist heute die Rettung unserer Kultur anvertraut.

II – AUFGABEN DER NACHKRIEGSZEIT – DIE EUROPÄISCHE EINHEIT

Die Niederlage Deutschlands würde jedoch nicht automatisch die unserem Kulturideal entsprechende Neuordnung Europas mit sich bringen.

In der kurzen, intensiven Zeitspanne der allgemeinen Krise, in der die Staaten zerschmettert am Boden liegen und die Volksmassen in ihrem Verlangen nach neuen Parolen eine flüssige und glühende Masse sein werden, bereit, sich in neue Formen gießen zu lassen, fähig, die Führung aufrichtig internationalistischer Menschen zu akzeptieren und ihr zu folgen, werden die privilegierten Kreise der alten nationalistischen Staatssystemen mit List und Gewalt versuchen, die internationalistische Begeisterung und Leidenschaft zu dämpfen und stur die alten staatlichen Organismen wieder aufrecht zu stellen. Es ist denkbar, daß die englische Führung, vielleicht sogar im Einverständnis mit den Amerikanern, versuchen wird, die Dinge in diese Richtung zu lenken, um in scheinbar unmittelbarem Interesse ihrer Reiche, die Politik des Gleichgewichts zwischen den Mächten wieder herzustellen.

Die konservativen Kräfte, d.h.: die Leiter der grundlegenden Institutionen der Nationalstaaten; die oberen Kader der Wehrmächte, die, wo sie heute noch besteht, in der Monarchie gipfeln; jene Gruppen des monopolistischen Kapitalismus, die das Los ihrer Gewinne mit dem der Staaten verknüpft haben; die Großgrundbesitzer und die hohen Vertreter der geistlichen Hierarchie, deren parasitären Einkünfte nur eine stabile konservative Gesellschaft zu sichern vermag; und in ihrem Gefolge, der zahllose Schwarm derer, die von ihnen abhängen oder auch nur von ihrer überlieferten Macht geblendet werden. All diese reaktionären Kräfte spüren bereits, daß im Gebäude schon überall Sprünge erkennbar werden, und versuchen sich deshalb zu retten. Sollte es einstürzen, so sähen sie sich auf einmal aller Absicherungen, die ihnen bisher zustanden, entblößt und dem Angriff der fortschrittlichen Kräften ausgesetzt.

Die revolutionäre Situation: alte und neue Bewegungen

Der Sturz der totalitären Regime wird gefühlsmäßig, für ganze Völker, der Anbruch der "Freiheit" bedeuten. Das Verschwinden jeglichen Zwanges wird automatisch zu einer weitgehenden Rede- und Vereinsfreiheit führen, und dies wird der Sieg der demokratischen Neigungen darstellen. Diese besitzen unzählige Nuancen, die von einem stark konservativem Liberalismus bis hin zum Sozialismus und zur Anarchie reichen. Sie glauben an eine "natürliche Zeugung" der Ereignisse und Institutionen, an die absolute Güte der von unten her stammenden Impulse. Sie werden sich hüten, Zwang auf die "Geschichte", auf das "Volk", auf das "Proletariat" oder wie auch immer sie ihre Gottheiten nennen mögen, auszuüben. Sie wünschen das Ende der Diktaturen herbei und halten jenes für die Rückerstattung an das Volk, seiner unverjährbarer Selbstbestimmungsrechte. Krönung ihrer Träume, ist eine verfassungsgebende Versammlung, gewählt aufgrund des so weit wie möglich gefaßten Stimmrechtes und unter gewissenhafter Wahrung des Rechts der Wähler, sich eine bestimmte Verfassung zu geben. Ist das Volk unreif, wird es sich eben eine schlechte geben; eine Verbesserung ist jedoch nur aufgrund eines dauerhaften Überzeugungswerks angängig.

Die Demokraten verzichten nicht aus Überzeugung auf Gewalt; sie gedenken sie jedoch nur dann anzuwenden, wenn die Mehrheit von ihrer Notwendigkeit überzeugt ist, wenn sie also nichts anderes mehr darstellt als das Pünktchen auf dem "i". Demokraten taugen deshalb als Führer nur in normalen Zeiten, in denen das Volk, im Großen und Ganzen, von der Güte seiner grundlegenden Institutionen überzeugt ist, die nur in relativ zweitrangigen Aspekten einiger Verbesserung bedürfen. In den revolutionären Epochen, in denen die Institutionen nicht verwaltet, sondern geschaffen werden müssen, versagt das demokratische Verfahren schwer. Die klägliche Unfähigkeit der Demokraten, anläßlich der russischen, der deutschen und der spanischen Revolution, ist dafür ein deutliches Beispiel aus der Neuzeit. In solchen Situationen, in denen der alte Staatsapparat, mitsamt seiner Gesetzen und seiner Verwaltung, zerfallen ist, schießen sofort wie Pilze aus dem Boden, unter dem Deckmantel der alten Legalität oder bei ihrer Verachtung, Volksversammlungen und -vereinigungen, in denen sämtliche fortschrittliche soziale Kräfte sich versammeln und lebhaft diskutieren. Das Volk hat wohl einige grundlegende Bedürfnisse zu befriedigen, weiß aber nicht genau, was es wollen und was es machen soll. Tausende von Glocken dröhnen in seinen Ohren. Millionen von Köpfe denken und deren Meinungen erscheint es schwer eine einzige, eindeutige Richtung zu erteilen; dies führt dazu, daß das Volk in zahllose Tendenzen zersplittert, die sich dann wiederum gegenseitig bekämpfen.

Im Augenblick, wo höchste Schlüssigkeit und Wagemut notwendig sind, fühlen sich die Demokraten verwirrt, da sie keine spontane Zustimmung des Volkes hinter sich haben, sondern eine trübe Aufruhr der Leidenschaften. Sie betrachten als ihre Pflicht diesen Konsens zu bilden und benehmen sich wie ermahnende Prediger; stattdessen werden Führer gebraucht, die fähig sind zu lenken, genau wissend wohin es sie führt. Sie lassen die günstigen Gelegenheiten zur Festigung des neuen Regimes vorbei, im Bestreben Institutionen in Gang zu bringen, deren Funktionsfähigkeit einer langen Vorbereitungszeit bedarf und für eine Periode relativer Ruhe geeignet ist. Sie überreichen ihren Gegenern Waffen, mit denen sie später von diesen wieder verjagt werden. All diese unzähligen Neigungen vertreten nicht den Erneuerungsgedanken, sondern die konfusen Bestrebungen verschiedener Köpfe, die, sich gegenseitig lähmend, ein der Reaktion geeignetes Terrain vorbereiten. Die demokratische Methodologie der Politik wird in Zeiten revolutionärer Umbrüche zu einem Schlachtgewicht.

Die Logomachie würde die Demokraten und ihre anfängliche Popularität als erste Befürworter der Freiheit mehr und mehr aufreiben, und da es an einer ernsthaften politischen und sozialen Revolution mangeln würde, wäre die Neubildung der politischen Institutionen der prätotalitären Periode unausweichlich; die Auseinandersetzungen würden erneut nach dem alten Schema des Klassenkampfes erfolgen.

Der Grundsatz, wonach sämtliche politische Problemstellungen dem Klassenkampf zurückgeführt werden müssen, war die Hauptrichtlinie vor allem der Fabrikarbeiter und verlieh ihrer Politik Beständigkeit, solange sie nicht die grundlegenden politischen Institutionen mit hineinzog. Der Klassenkampf wandelte sich jedoch in ein Mittel zur Isolierung des Proletariats, sobald die Notwendigkeit auftrat, die gesamte Gesellschaftsordnung umzugestalten. Den nach den Kriterien des Aufbaus eines Klassenbewußtseins erzogenen Arbeitern gelingt es dann nicht, über die Eigenbedürfnisse ihrer Klasse oder gar ihrer Kategorie hinwegzusehen, diese mit den Ansprüchen anderer Schichten in Einklang zu bringen. Oder aber, sie streben die einseitige Diktatur ihrer Klasse an, in der Hoffnung, jene utopistische Kollektivisierung sämtlicher materieller Produktionsmittel zu erreichen, die von jahrhundertelanger Propaganda als das Universalheilmittel aller Übel angepriesen wurde. Eine solche Politik kann in keiner anderen Schicht Anreiz erwecken, als in der der Arbeiter; somit entzieht man die Unterstützung der übrigen fortschrittlichen Kräfte, wenn es diese nicht sogar in die Arme der Reaktion fallen läßt, die sich ihrer geschickt bedient, um der proletarischen Bewegung das Rückgrat zu brechen.

Unter den verschiedenen, eine Klassenpolitik und das kollektivistische Ideal verfolgenden proletarischen Denkweisen, haben die Kommunisten die Schwierigkeiten erkannt, sich eines Gefolge ausreichender Schlagkraft anzueignen. Deshalb haben sie sich, im Gegensatz zu anderen Volksparteien, in eine Bewegung starrer innerer Disziplin gewandelt, die sich des russischen Mythos bedient, um die Arbeiter zu organisieren, sich aber von diesen nichts vorschreiben läßt, sondern sie in den Dienst aller denkbaren Manöver stellt.

Diese Haltung verleiht den Kommunisten, in Zeiten revolutionärer Krisen, eine größere Effizienz als den Demokraten. Indem die Kommunisten aber die Arbeiterklassen soweit wie möglich von den anderen revolutionären Kräften fernhalten, unter dem Vorwand, ihre "wahre" Revolution habe noch zu kommen, stellen sie in dem entscheidenden Augenblick ein "abgrenzendes" Element auf, das alles schwächt. Die absolute Abhängigkeit vom russischen Staat, der sie wiederholt für eigene nationale politische Ziele benutzt hat, verhindert ihnen außerdem jedwede Politik, mit einem Mindest an Kontinuität, durchzusetzen. Sie nötigen es ständig, sich hinter einen Karoly, einen Blum, einen Negrin zu verstecken und scheitern allzuleicht samt ihrer demokratischen Strohmännern. Macht wird nicht durch bloße List erobert und erhalten, sondern aufgrund der Fähigkeit, den Bedürfnissen der modernen Gesellschaft vitale und einheitliche Lösungen entgegenzuhalten.

Bliebe der Kampf in Zukunft auf die traditionelle nationale Ebene beschränkt, fiele es schwer, sich den alten "Unreinheiten" zu entziehen. Tatsächlich haben die nationalen Staaten ihre Wirtschaft bereits so grundlegend geplant, daß die Hauptfrage bald wäre, welche ökonomischen Lobbies, d.h., welche Klassen die Hebel des besagten Wirtschaftsplanes betätigen würden. Die gemeinsame Front der fortschrittlichen Kräfte würde sich alsbald zersplittern, in Folge des Gezänks der Gesellschaftsklassen und ökonomischen Lobbies untereinander. Aller Wahrscheinlichkeit nach, wären es die Reaktionären, die daraus einen Vorteil ziehen würden.

Die wahre revolutionäre Bewegung muß aus denen hervorgehen, die die alten politischen Einstellungen zu kritisieren vermocht haben. Sie wird es zu verstehen müssen, mit den demokratischen Kräften zusammenzuarbeiten, mit den Kommunisten und allgemein mit all denen, die zur Zerrüttung des Totalitarismus beitragen, ohne sich indes in irgend einer Weise von deren politischen Gepflogenheiten umgarnen zu lassen.

Die reaktionären Kräfte verfügen über geschickte Leute und Kader, die zum Befehlen erzogen worden sind und ihre Vorherrschaft hartnäckig verteidigen werden. Im kritischen Augenblick werden sie sich geschickt zu verstellen wissen und beteuern, wie sehr ihnen die Freiheit, der Friede, der allgemeine Wohlstand der benachteiligten Klassen wichtig seien. Schon in der Vergangenheit haben wir gesehen, wie sie sich in Volksbewegungen eingenistet haben, sie gelähmt, verführt, in ihr genaues Gegenteil verwandelt haben. Sie werden ohne weiteres die gefährlichste Kraft sein, mit der man sich wird abfinden müssen.

Vor allen Dingen werden sie die Wiederherstellung des Nationalstaates anstreben. Sie gewinnen so jenes Volksempfinden für sich, das am weitesten verbreitet ist, am stärksten von den neusten Bewegungen gedemütigt worden ist, und somit am leichtesten zur Beute reaktionärer Manipulation wird: Das patriotische Gefühl. So können sie auch hoffen, dem Gegner leichter Sand in die Augen zu streuen, wo doch die einzige bis heute von den Volksmassen erworbene politische Erfahrung auf das nationale Gebiet beschränkt geblieben ist; es fällt daher leicht, sie und die kurzsichtigeren unter ihren Anführern auf das Terrain des Wiederaufbaus der Staaten zu lenken, die das Unwetter zerschlagen hat.

Würde dieses Ziel erreicht, hätte die Reaktion gesiegt. Wenn auch diese Staaten dem Anschein nach demokratisch und sozialistisch sein würden, die Rückkehr der Macht in die Hände der Reaktion wäre nur eine Frage der Zeit. Die gegenseitige nationale Mißgunst würde aufs neue gedeihen, und jeder Staat würde einzig auf Waffengewalt zurückgreifen, um seine Bedürfnisse zu befriedigen. Früher oder später würde das Hauptziel wieder darin bestehen, Völker in Heere zu verwandeln. Bald würden die Generäle wieder die Macht ergreifen, die Monopolisten sich die Autarkie zunutze machen, die bürokratischen Einrichtungen sich ausdehnen, die Priester die Massen zahm halten. Sämtliche Errungenschaften der ersten Zeit würden verschwinden, angesichts der Notwendigkeit erneut zum Krieg zu rüsten.

Die erste anzugehende Aufgabe, ohne deren Lösung jeglicher Fortschritt ein trügerischer Schimmer bleiben würde, ist die endgültige Beseitigung der Grenzen, die Europa in souveräne Staaten aufteilen. Die Tatsache, daß ein großer Teil der europäischen Staaten von der deutschen Walze erfaßt worden ist, hat ihre Geschicke zu einem verschmolzen. Entweder geraten sie alle unter das Hitlerregime, oder aber, falls dieses zerfällt, in eine revolutionäre Krise, die ein Erstren und eine Aufteilung in feste staatliche Strukturen nicht zuläßt. Die Gemüter sind heute, weit mehr als früher, schon auf eine föderalistische Neugestaltung Europas anzusprechen. Die Härte der vergangenen Jahrzehnte hat auch denen die Augen geöffnet, die sie vorher vor der Wirklichkeit schlossen, und hat viele unserem Ideal günstige Umstände geschaffen.

Alle vernünftige Menschen haben endlich eingesehen, daß die Aufrechterhaltung des Gleichgewichts unabhängiger europäischer Staaten, und darunter ein gleichberechtigter Militärstaat Deutschland, nicht weiter erhalten bleiben kann; ebensowenig wie man Deutschland nach seiner Niederlage zerstückeln und es mit "dem Fuß auf dem Nacken" am Boden klein halten kann. Es hat sich gezeigt, daß kein Land Europas abseits stehen kann, während die anderen kämpfen, daß Neutralitätserklärungen und Nichtangriffspakte nichts nutzen. Ebenso hat sich die Nutzlosigkeit, ja sogar die Gefährlichkeit von Organismen wie der Völkerbund erwiesen, der vermeinte, die Einhaltung des internationalen Rechts gewährleisten zu können, ohne Anwendung militärischer Gewalt und unter Wahrung der absoluten Souveränität seiner Mitgliedstaaten. Als absurd, hat sich das Nichteinmischungsprinzip erwiesen, wonach es jedem Volk freigestellt sein soll, sich nach belieben eine despotische Regierung zu geben. Als ob die innere Verfassung eines Staates nicht von lebenswichtiger Bedeutung für alle anderen europäischen Länder wäre! Unlösbar, sind die zahlreichen Probleme geworden, die das internationale Leben unseres Kontinents erschweren: Das Abstecken von Grenzen in Gebieten mit gemischter Bevölkerung; die Verteidigung sprachlicher Minderheiten; der Zugang zum Meer für die Binnenländer; der Balkan; die irländische Frage; u.s.w.. Die europäische Föderation hingegen, könnte dieses Problem ohne weiteres lösen, so wie es früher der Fall für jene Kleinstaaten war, die sich einer weiter gefaßten nationalen Einheit anschlossen; ihre Probleme verloren dadurch an Schärfe, der Tatsache wegen, daß sie nun innerhalb der Beziehungen zwischen Provinzen geregelt wurden.

Der Verlust des Sicherheitsgefühls, das Großbritanniens Unantastbarkeit eingeflößt hatte und den Engländern die "splendid isolation" empfiel; die Auflösung des französischen Heeres und sogar der Republik der Franzosen, beim ersten ernsthaften Zusammenstoß mit den deutschen Truppen (es sei zu hoffen, daß diese Erfahrung dem gallischen Überlegenheitsglauben einen Stoß versetzt hat); und vor allem das Bewußtsein einer Gefahr der allgemeinen Unterwerfung entronnen zu sein. All diese Umstände ebnen den Weg zur Bildung eines föderalistischen Regimes, das der momentanen Anarchie ein Ende bereite. Die Tatsache, daß England nunmehr Indiens Unabhängigkeit anerkannt und Frankreich, mit der Anerkennung seiner Niederlage, potentiell sein Imperium verloren hat, sollte es leichter machen, sich auf eine europäische Regelung des Kolonialbesitzes zu einigen.

Hinzu kommt noch der Untergang einiger der wichtigsten Dynastien und die Tatsache, daß die übrigbleibenden auf tönernen Füßen stehen. Man bedenke auch, daß die Dynastien die rationelle Organisation der Vereinigten Staaten Europas erheblich beeinträchtigen, dadurch, daß sie die einzelnen Länder als ihr angestammtes Eigentum betrachteten und überdies den Interessen der Mächtigen Vorschub leisteten. Die Vereinigten Staaten Europas können jedoch nur auf der republikanischen Verfassung all ihrer Bundesstaaten beruhen. Blickt man über den alten Erdteil auf alle Völker der Menschheit hinweg, muß man zugeben, daß die Europäische Föderation die einzige Garantie bietet, die Beziehungen mit den asiatischen und amerikanischen Völkern auf eine Basis friedlicher Zusammenarbeit zu stellen, bis es soweit sein wird, daß die politische Einheit aller Völker der Welt erreicht werden kann.

Die Grenze zwischen fortschrittlichen und reaktionären Parteien verläuft demnach nicht mehr längs der formellen Linie ihrer größeren oder geringeren Demokratie, oder des Ausmaßes des einzuführenden Sozialismus. Der Bruch vollzieht sich zwischen denen, die immer noch das alte Endziel der Eroberung der nationalen politischen Macht im Auge haben, und dadurch, sei es auch unfreiwillig, den reaktionären Kräften Vorschub leisten, indem sie die glühende Lava der Volksbegeisterung in den alten Formen erstarren lassen, und den anderen, denen die Schaffung eines stabilen internationalen Staates am Herzen liegt, und die die Kräfte des Volkes in diese Richtung lenken. Die ferner, sollten sie die nationale Macht erobern, diese in allererster Linie als Mittel zur Verwirklichung der internationalen Einheit handhaben würden.

Man bediene sich der Propaganda und der Aktion und scheue keine Mühe, Übereinstimmung und Beziehungen zwischen den einzelnen Bestrebungen zu schaffen, die zweifelslos in den verschiedenen Ländern im Gange sind, um schon jetzt den Grundstein einer neuen Bewegung zu legen, die alle Kräfte zu mobilisieren vermag und dem neuen Organismus, der die größte und erneuerndste Schöpfung seit Jahrhunderten in Europa sein wird, zum Durchbruch verhilft. Es gilt, einen Bundesstaat zu schaffen, der auf festen Füßen steht und anstelle nationaler Heere über eine europäische Streitmacht verfügt. Es gilt endgültig mit den wirtschaftlichen Autarkien, die das Rückgrat der totalitären Regime bilden, aufzuräumen. Es braucht einer ausreichenden Anzahl an Organen und Mitteln, um in den einzelnen Bundesstaaten die Beschlüsse, die zur Aufrechterhaltung der allgemeinen Ordnung dienen, durchzuführen. Gleichzeitig soll den Staaten jene Autonomie belassen werden, die eine plastische Gliederung und die Entwicklung eines politischen Lebens, gemäß den besonderen Eigenschaften der verschiedenen Völker, gestattet.

Erkennen in den europäischen Ländern genügend Leute diese Notwendigkeit, werden sie sich bald durchsetzen. Die gegenwärtige Lage und der allgemeine Gemütszustand ist für ihr Vorhaben günstig. Entgegenstrebende Parteien und Neigungen, sind bereits durch die verheerende Erfahrungen der letzten zwanzig Jahre entwertet. Und da die Zeit reif ist, neue Werke zu vollbringen, wird es auch die Zeit neuer Menschen sein: Die Zeit der BEWEGUNG FÜR EIN FREIES UND VEREINTES EUROPA.

III – AUFGABEN DER NACHKRIEGSZEIT – DIE REFORM DER GESELLSCHAFT

Ein freies und vereintes Europa ist die unausweichliche Voraussetzung für die Durchsetzung der modernen Kultur, deren Entwicklung die totalitäre Epoche aufgehalten hat. Sobald sie zu Ende gehen wird, wird der historische Prozeß gegen soziale Ungerechtigkeit und Privilegien sofort wieder aufgenommen werden. All die konservativen Institutionen, die sich ihr in den Weg gestellt haben, werden sich bereits im Stadium des Zusammenbruchs befinden. Aus dieser Krise muß man mit Mut und Entschlußkraft Nutzen ziehen.

Die europäische Revolution muß sozialistisch sein, um unseren Bedürfnissen gerecht zu werden; sie muß sich für die Emanzipation der Arbeiterklasse und die Schaffung menschlicherer Lebensbedingungen einsetzen. Die Nadel dieses Kompasses darf jedoch nicht in eine rein theoretische Richtung ausschlagen, wonach der private Besitztum der Produktionsgüter grundsätzlich abzuschaffen ist oder dann vorübergehend zu dulden, wenn es nicht anders geht. Die allgemeine Verstaatlichung der Wirtschaft war die erste utopistische Form, unter der die Arbeiterklasse sich die Befreiung vom kapitalistischen Joch vorgestellt hatte. Ihre Verwirklichung führt jedoch keineswegs zum ersehnten Ziel, sondern zur Entstehung eines Regimes, in dem die ganze Bevölkerung im Dienste einer eng begrenzten die Wirtschaft verwaltende Kaste von Bürokraten steht.

Nach dem grundlegenden Prinzip des Sozialismus, von dem die allgemeine Kollektivisierung nur eine übereilte und falsche Schlußfolgerung darstellt, beherrschen nicht die wirtschaftlichen Kräfte den Menschen, sondern werden, wie schon die Naturkräfte, von ihm unterworfen, rationell geleitet und kontrolliert, um zu vermeiden, daß die breite Masse ihnen zum Opfer fällt. Die gewaltigen Kräfte des Fortschritts entspringen aus dem individuellen Interesse, dürfen aber nicht unter der routinemäßigen Praxis erstickt werden, so daß man dann vor dem unlösbaren Problem steht, die Unternehmungslust mit Hilfe differenzierter Löhne und ähnlicher Maßnahmen wieder zum Leben erwecken zu müssen. Die besagten Kräfte sollen im Gegenteil hervorgehoben und erweitert werden, indem man ihnen ein größeres Entwicklungs- und Betätigungsfeld zur Verfügung stellt. Gleichzeitig gilt es, Schutzdämme zu verstärken, die sie aufs Gemeinwohl hingleiten lassen.

Das Privateigentum muß, von Fall zu Fall, abgeschafft, beschränkt, korrigiert oder erweitert und nicht nach einer rein dogmatischen Prinzipienreiterei gehandhabt werden. Diese Richtlinie fügt sich blendend in den Entstehungsprozeß eines vom Alptraum des Militarismus oder der nationalen Bürokratie befreiten europäischen Wirtschaftslebens. Die rationelle Lösung soll die irrationelle erlösen, auch im Bewußtsein der Arbeiter. Wir heben hier einige Punkte besonders hervor, in der Absicht, einige Einzelheiten besagter Richtlinien aufzuweisen und daruf hinzuweisen, daß Angemessenheit und Durchführung eines jeden einzelnen programmatischen Punktes im Hinblick auf die unabdingbare Voraussetzung der europäischen Einheit geprüft werden müssen:

a) Es dürfen nicht mehr jene Unternehmen in den Händen privater Eigentümer verbleiben, deren notgedrungene monopolistische Funktion die Möglichkeit zur Ausbeutung des Konsumenten bietet, wie z.B. die Erzeugung von Elektrizität. Ferner jene Unternehmen, die im Hinblick auf das Gemeininteresse aufrechterhalten werden, aber nur dank Schutzzöllen, Subsidien, privilegierter Maßnahmen, u.a. (das in Italien bemerkenswertere Beispiel für diese Art von Industrie liefert bis heute die Eisenindustrie). Jene Unternehmen, die aufgrund des investierten Kapitals, der Anzahl der beschäftigten Arbeiter oder aber auch der Wichtigkeit, in dem von ihnen beherrschten Wirtschaftszweig, die staatlichen Organe erpressen können, um die für sie vorteilhaftere Politik aufzuerzwingen (z.B.: Bergwerkindustrie, Großbanken, große Rüstungsindustrie). Dies sind die Branchen, in denen man ohne weiteres zur Verstaatlichung auf weitester Ebene vorgehen sollte, ohne auf erworbene Rechte Rücksicht zu nehmen.

b) Die Beschaffenheit des Besitz- und Erbrechts vergangener Zeiten ermöglichte es einigen wenigen Privilegierten, Reichtümer anzuhäufen, die während einer revolutionären Krise in egalitärem Sinn verteilt werden sollten, um somit die Schmarotzer auszumerzen und den Arbeitern jene Produktionsmittel zu verschaffen, derer sie zur Verbesserung der wirtschaftlichen Verhältnisse und der Erreichung eines unabhängigeren Daseins bedürfen. Wir denken dabei an die Agrarreform, die das Land denen zuweist, die es auch tatsächlich bebauen, und somit die Zahl der Grundbesitzer beträchtlich erhöht; und an die Industriereform, die den Besitz der Arbeiter auf die nicht verstaatlichten Sektoren erweitert, mit Hilfe von Genossenschaftsverwaltung, Aktienbesitz der Arbeiter u.s.w..

c) Die Jugendlichen sollen so unterstützt werden, daß für alle die gleichen Ausgangsbedingungen für den Lebenskampf gelten. Ins besondere muß die öffentliche Schule imstande sein, den Begabtesten statt den Reichsten den Weg zu dem höheren Studium einzuebnen. Jede Studienrichtung muß die Anzahl von Individuen auf verschiedene Berufe und auf die freie wissenschaftliche Tätigkeit vorbereiten, die der Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt entspricht, so daß der Durchschnittslohn der verschiedenen Berufskategorien ungefähr gleich ausläuft, wie auch immer die Einkommensabstufungen innerhalb der einzelnen Kategorien, je nach individueller Begabung, sein mögen.

d) Die dank der modernen Technik beinahe unbegrenzte Leistungsfähigkeit der Massenproduktion lebensnotwendiger Güter gestattet heutzutage allen, mit verhältnismäßig geringen sozialen Kosten, Wohnung, Nahrung und Kleidung zu sichern, so wie ein für die menschliche Würde unverzichtbares Minimum an Komfort. Die menschliche Solidarität denen gegenüber, die im Wirtschaftskampf unterliegen, darf jedoch keine karitativen Formen annehmen, welche den Empfänger demütigen und gerade jene Übel erzeugen, deren Folgen man zu bekämpfen wünscht. Man soll im Gegenteil eine Reihe von Maßnahmen ergreifen, die jedem bedingungslos ein angemessenes Lebensstandard ermöglichen, sei er arbeitsfähig oder nicht, ohne indes den Anreiz zum Arbeiten und zum Sparen zu verringern. So wird niemand mehr aus Elend dazu gezwungen werden, abwürgende Arbeitsverträge anzunehmen.

e) Die Befreiung der Arbeiterklasse kann unter den obengenannten Bedingungen vollzogen werden. Sie dürfen nicht mehr den monopolistischen Gewerkschaften und ihrer Wirtschaftspolitik, die schlicht die gewalttätigen Methoden des Großkapitals auf die Arbeiterbewegung übertragen haben, ausgeliefert sein. Die Arbeiter sollen die eigenen Vertrauensleute wieder frei wählen dürfen, um gemeinsam die Bedingungen zu bestimmen, unter denen sie ihre Arbeit zu leisten einverstanden sind; der Staat seinerseits, wird Rechtsmittel zur Verfügung stellen müssen, die die Einhaltung der abgeschlossenen Abkommen garantieren. Sobald diese sozialen Veränderungen eingetreten sein werden, wird man sämtliche monopolistische Neigungen wirksam bekämpfen können.

Diese Neuerungen müssen vorgenommen werden, damit sich um die neue Ordnung ein weiter Kreis von Bürgern schart, denen ihre Aufrechterhaltung am Herzen liegt, und damit dem politischen Leben Freiheitsmerkmale, durchdrungen von starkem Solidaritätsgefühl, verliehen werden. Mit diesen Voraussetzungen lenen die politischen Freiheiten nicht an rein formellen, sondern an konkreten Grundlagen; diese erstrecken sich wiederum auf alle, sofern die Masse der Bürger unabhängig und verantwortungsbewußt genug sein wird, eine wirksame Kontrolle über die regierende Klasse auszuüben.

Es wäre überflüssig sich mit den einzelnen Verfassungsformen zu beschäftigen, da es doch nicht abzusehen ist, unter welchen Bedingungen diese entstehen und wirken werden. Wir würden lediglich nichts weiter als bekanntes sagen, über die Notwendigkeit repräsentativer Organe, die Verabschiedung der Gesetze, unabhängige Justizbehörden anstelle der jetzigen, denen die unparteiische Anwendung der erlassenen Gesetze überlassen wird, die Presse- und Vereinsfreiheit, um die öffentliche Meinung aufzuklären und allen Bürgern die Möglichkeit zur Mitwirkung am Staatsgeschehen zu verschaffen. Zwei Konzepte bedürfen indes einer näheren Erläuterung, gewinnen sie doch, angesichts der momentanen Lage unseres Landes, besondere Bedeutung; es sind das Verhältnis zwischen Staat und Kirche und die Art der politischen Vertretung:

a) Das Konkordat, mit dem in Italien Kirche und Faschismus ein Bündnis geschlossen haben, muß auf alle Fälle abgeschafft werden, um den rein weltlichen Charakter des Staates zu erwidern und seine Überlegenheit über das bürgerliche Leben eindeutig festzuhalten. Alle religiösen Bekenntnisse müssen ohne Unterschied geachtet werden, ohne daß der Staat mit den verschiedenen Kulten differenziert umgeht.

b) Das Kartenhaus der vom Faschismus erstellten korporativen Ordnung wird, zusammen mit den anderen Bestandteilen des totalitären Staates, in sich zusammenkrachen. Einige sind der Meinung, daß man aus diesem Trümmerhaufen Material für den Aufbau einer neuen Verfassungsordnung retten könne. Wir glauben es nicht. In totalitären Staaten vollenden die korporativen Kammern "höhnisch" die Polizeikontrolle über die Arbeiter. Sogar dann, wenn die korporativen Kammern der wahre Ausdruck der verschiedenen produktiven Berufsstände sein sollten, wären die repräsentativen Organe der verschiedenen Berufsstände nicht fähig allgemeine politische Fragen anzugehen, und hinsichtlich rein wirtschaftlicher Fragen würden sie zu Überrüpelungsorgane werden, der gewerkschaftlich stärkeren Kategorien. Den Gewerkschaften wird weitgehend die Aufgabe zufallen mit den staatlichen Organen, denen die Lösung der sie am engsten berührenden Probleme zustehen, zusammenzuarbeiten. Ausgeschlossen ist aber, daß irgend eine gesetzgebende Funktion ihnen übertragen wird, denn daraus ergäbe sich für das Wirtschaftsleben eine Feudalanarchie, die zu einem erneuten politischen Despotismus führen würde. Viele, die sich gutgläubig vom Mythos des Korporativismus haben bewegen lassen, können und müssen sich vom Werk der Erneuerung angezogen fühlen. Sie müssen sich jedoch ihrer bewußt sein, wie absurd die Lösung ist, die ihnen verschwommen vorschwebt. Der Korporativismus gedeiht nur in totalitären Staaten, zum Zweck, die Arbeiter in Regimenter einzuordnen, unter dem Drill von Funktionären, die im Interesse der herrschenden Klasse jede ihrer Bewegung kontrollieren.

Die revolutionäre Partei darf nicht erst im entscheidenden Moment laienhaft improvisiert werden, sondern muß bereits jetzt wenigstens ihre politische Grundhaltung erarbeiten, ihre allgemeinen Kader und die ersten Richtlinien der eigenen Tätigkeit aufstellen. Sie darf sich nicht aus einer heterogenen Masse von Neigungen zusammensetzen, die sich nur rein negativ, angesichts ihrer gemeinsamen antifaschistischen Vergangenheit, und vorübergehend, bloß auf den Zusammenbruch des totalitären Regimes wartend, zusammentun, um danach wieder ihre eigenen Wege zu gehen. Die revolutionäre Partei hingegen weiß, daß eigentlich ihre wahre Aufgabe dann erst beginnt. Sie muß sich daher aus Leuten zusammensetzen, die sich über die wichtigsten Probleme der Zukunft einig sind.

Sie muß mit ihrer methodischen Propaganda überall dort ansetzen, wo es vom jetzigen Regime Unterdrückte gibt, indem sie von Fall zu Fall jenes Problem aufgreift, das von den Einzelnen und von den verschiedenen Klassen als das schmerzlichste empfunden wird, und zeigen, wie dieses mit anderen Problemen zusammenhängt und welches die wahre Lösung sein könnte. Aus der ständig wachsenden Gruppe der Sympathisanten darf sie jedoch nur jene zur Mitarbeit heranziehen, die die europäische Revolution zum Hauptzweck ihres Lebens gemacht haben, die Tag für Tag ihre Aufgabe gewissenhaft erfüllen, umsichtig für die ständige Sicherheit der Bewegung sorgen, auch unter den härtesten Bedingungen der Illegalität und so das stabile Netz bilden, das der labileren Sphäre der einfachen Sympathisanten Rückhalt verleiht.

Obwohl die Partei, um ihre Lehre zu verbreiten, keine Gelegenheit verpassen und kein Einwirkungsfeld vernachlässigen darf, muß sie doch ihre Bemühungen in erster Linie jenen Kreisen zuwenden, denen als Schwerpunkt für die Ausstrahlung der Ideen und die Rekrutierung kämpferischer Elemente besondere Bedeutung zukommt. Es sind die beiden sozialen Gruppen, die die Situation von heute am intensivsten empfinden und die für die Zukunft entscheidend sein werden: Die Arbeiterklasse und die Intellektuellen. Die ersten haben sich am wenigsten der totalitären Fuchtel gebeugt und werden morgen als erste ihre Reihen neu aufstellen. Die Intellektuellen, vor allem die jungen unter ihnen, fühlen sich vom herrschenden Despotismus am meisten eingeengt und abgestoßen. Nach und nach werden sich auch andere Gesellschaftsschichten unaufhaltsam zur allgemeinen Bewegung hingezogen fühlen.

Steril ist jene Bewegung, die an der Aufgabe scheitert, diese Kräfte zu vereinen. Die bloße Erfassung der Intellektuellen entzieht ihr die Stoßkraft der Massen, die zum Umsturz des reaktionären Widerstandes erforderlich sind. Zwischen ihr und der Arbeiterklasse würde gegenseitiges Mißtrauen aufkommen. Angesichts auftauchender Schwierigkeiten wären sie doch geneigt, obwohl von demokratischen Gefühlen beseelt, die Mobilmachung aller anderen Klassen gegen die Arbeiter aufzurufen, mit anderen Worten, der faschistischen Restauration Vorschub zu leisten. Stützt sich hingegen die Bewegung ausschließlich auf das Proletariat, fehlt ihm jene Klarheit des Gedankens, die nur von den Intellektuellen stammen kann und die nötig sein wird, um die neuen Aufgaben und Wege zu erkennen. Sie wird sich im alten Gedankengut des Klassenkampfes einfangen, überall Feinde sehen und auf der Ebene der doktrinären kommunistischen Lösung ausgleiten.

Während der revolutionären Krisen steht es dieser zu, die fortschrittlichen Kräfte zu organisieren und zu leiten, unter Beiziehung aller Volksorgane, die spontan entstehen und Schmelztiegel darstellen, in denen die revolutionären Massen zusammenkommen, nicht um Plebiszite zu erlassen, sondern in der Erwartung geführt zu werden. Die Bewegung bezieht die Gewißheit über was getan werden muß, nicht aus der vorausgehenden Anerkennung eines noch nicht vorhandenen Volkswillens, sondern aus dem Bewußtsein, die tiefschürfenden Bedürfnisse der modernen Gesellschaft zu vertreten. So erteilt sie der neuen Ordnung die ersten Richtlinien, verleiht den noch unförmigen Massen die erste soziale Disziplin. Durch diese Diktatur der revolutionären Partei wird der neue Staat geschaffen und mit ihm die neue wahre Demokratie.

Es ist nicht zu befürchten, daß ein solches revolutionäres Regime unweigerlich in einen erneuten Despotismus ausarte. Dies wird dort der Fall sein, wo es sich eine knechtische Gesellschaft herangezogen hat. Schafft jedoch die revolutionäre Partei, mit fester Hand und von Anfang an, die Voraussetzungen für ein freies Dasein, in dem tatsächlich alle Bürger am politischen Geschehen teilhaben können, wird seine Entwicklung fortschreiten, wenn auch von möglichen nebensächlichen politischen Krisen begleitet, in Richtung eines vertieften Verständnisses und der Akzeptierung aller der neuen Ordnung; infolgedessen wird sie das Funktionieren freier politischer Institutionen immer weiter ermöglichen.

Der Augenblick ist gekommen, um den veralteten Ballast über Bord zu werfen und sich für den kommenden Umbruch bereit zu halten, der so ganz anders ist, als man ihn sich vorgestellt hat. Die Unfähigen unter den Alten werden ausgeschieden und unter den Jungen sollen neue Energien geweckt werden. Heute suchen und begegnen sich zur Ausarbeitung der Zukunft all jene, die die Gründe der gegenwärtigen Krise der europäischen Kultur erkannt haben, und daher das Erbe, das untergegangen war, in Verkennung der zu erreichenden Ziele oder der zu benutzenden Mittel, all jener Bewegungen zur Erhebung der Menschheit antreten.

Der Weg, der uns erwartet, wird weder bequem noch sicher sein. Wir müssen ihn jedoch beschreiten, und wir werden es tun!

crossarrow-up